Posts tagged ‘Archive’
Tool der Woche – Topothek
Unser heutiges Tool der Woche ist eine Topothek, ein digitales Archiv zur Sammlung von Medien zu einem bestimmten Ort. Jede Topothek stellt eine Web 2.0-Plattform dar, in die jeder selbst Medien einstellen oder eingestellte Medien mit Informationen anreichern kann. Professionelle Forscher, private oder öffentliche Einrichtungen können ebenso wie ehrenamtlich tätige Heimatforscher oder Citizen scientists an einer Topothek mitwirken oder eine eigene betreiben. Mittlerweile sind etwa 30 Topotheken zu Orten in den Räumen Niederösterreich, Oberösterreich und Wien entstanden. Die Idee der Topotheken stammt von Alexander Schatek:
Die einfache Auffindbarkeit von historisch relevantem Material und Wissen ist die Aufgabe der Topothek. Darüberhinaus bietet sie die Möglichkeit für die Besucher, selbst wertvolle Mosaiksteine beizutragen. So entsteht ein virtuelles Archiv, das keine Grenzen kennt. Ich freue mich, dass die Idee, die ursprüngich für den Zweck entstanden ist, das gesammelte virtuell zu teilen, nun einen stets größeren und professionellen Nutzerkreis findet.
Abb. 1: Bildschirmfoto der Topothek Kloster Mariazell
Sehr ansprechend sind die interaktiven Benutzungsmöglichkeiten gestaltet: Die einzelnen Medien können mit Orts- und Zeitangaben versehen werden und lassen sich so auf einer Karte und anhand einer Zeitleiste ermitteln. Die als „Bild“, „Video“, „Objekt“, „Text“, „Dokument“ oder „Audio“ klassifizierten Medien erscheinen mit entsprechenden Markern auf der Karte. Liegen einzelne Marker bei einer bestimmten Vergrößerungsstufe sehr nahe beieinander, werden sie unter einem gemeinsamen Marker zusammengefasst. Fährt man mit der Maus über einen Marker, erhält man eine Vorschau der hiermit verknüpften Mediendatei, die per Mausklick direkt aufgerufen werden kann.
Abb. 2: Bildschirmfoto der Topothek Himberg
Beim Aufruf einer Mediendatei erscheinen die Metadaten und weiterführende Informationen: Jede Datei lässt sich mit Tags, Kommentaren sowie CC-Lizenzangaben versehen. Zur Lokalisierung wird stets eine kleine Karte eingeblendet. Für Bilddateien lässt sich der Standort und somit der Blickwinkel des Fotografen einarbeiten. Mehrseitige (pdf-)Dateien können direkt im Browser durchblättert werden. Einzelne Dateien können durch interne Verlinkung via ID-Nummer gezielt miteinander verknüpft werden. Eine besondere Funktion ist die Möglichkeit, für einzelne Dateien offene Fragen zu formulieren: Diese dienen beispielsweise der Identifizierung von abgebildeten Personen oder Orten, denkbar ist auch eine Präzisierung von Zeitangaben, zum Beispiel bei anlässlich von sozialen Anlässen gemachten Fotografien.
Es macht Spaß, in den gut gestalteten Topotheken zu stöbern, aber es gibt auch einige Kritikpunkte anzumerken: Ein Projekt, dass Inhalte frei zugänglich machen möchte, sollte auf freien Karteninhalten basieren. Wie bei Wikipedia sollte man hier auf OpenStreetMap setzen. Mehr oder weniger beabsichtigt ist hier oft Copyfraud anzutreffen: Bei vielen Medien divergieren Besitzer und Urheber, aber sie sind – wahrscheinlich durch den einstellenden Besitzer – mit sehr restriktiven Lizenzen (CC-BY-NC-ND) versehen. Als Web 2.0-Projekte bieten Topotheken zwar Möglichkeiten der Beteiligung, wirken aber sehr in sich geschlossen: Die Formen, in denen die Dokumente mit Inhalten angereichert werden können, sind stark vorgegeben. Es besteht keine Möglichkeit, Dokumente von außen per Permalink anzusteuern.
Überlappen sich die Bezugsräume zweier benachbarter Topotheken, erscheint eine Topothek als Marker auf der Karte der jeweils anderen. Interessant wäre die Möglichkeit einer Zusammenschau der Dokumente verschiedener Topotheken auf einer gemeinsamen Karte.
Viel Spaß beim Stöbern, und: gründet Topotheken!
C.K.
Willkommen bei der Zukunftswerkstatt
Neue Medien in Form von Computerspielen und Angeboten des Web 2.0 finden in immer mehr Gesellschaftsgebieten Anwendung; Anwendungen, die z.T. ganz anders sind als die Macher dieser Medien es sich bei der Schaffung erdacht hatten. Die Online-Ausgabe der FAZ vom 11.06.2008 schreibt in einem Artikel1 über die zunehmende Relevanz von strategischen Computerspielen für die Managerausbildung. Eine der größten amerikanischen Computerdienstleister regelt die Kommunikation seiner 12.000 Mitarbeiter in zahlreichen Außenstellen über ein Computerspiel (Battlefield 2), in dem bis zu 128 Personen gleichzeitig auf einem Server miteinander spielen können. Hier finden die Mitarbeiter kurze Erholung, kommunizieren zugleich die wichtigsten Neuerungen und diskutieren knifflige Fragen mit den Mitspielern/Kollegen2.
Kinder nutzen zunehmend Lernprogramme, weil sie das spielerische Lernen dem „trockenen“ Lesen von Lehrbüchern vorziehen. Die Zukunft wird in einer Vermischung der Lerninhalte mit dem Gaming bestehen. Schon heute wird das Know How von Bibliothekaren in der Entwicklung von äußerst erfolgreichen Spielen genutzt.
Auch die Angebote des Web 2.0 sind in Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend Teil der Kommunikation, dienen als Werkzeug für einfachere und bessere Zusammenarbeit, als Wissensspeicher (Wikipedia) und eröffnen neue Wege zu Netzwerken und Zielgruppen.
Die Grenzen zwischen Lernen und Spielen, zwischen Edutainment und Entertainment beginnen zu zerfließen. Es entstehen nicht nur neue virtuelle Welten oder neue Freizeitoptionen es geht um neue interaktive, multioptionale individuelle und globale Kommunikationssysteme die für die Vermittlung und Verwertung wissenschaftlicher und kultureller Inhalte von zentraler Bedeutung sein werden. Akzeptiert man diese Zusammenhänge entsteht ein neuer Kreislauf der Kommunikation mit neuen Netzwerken und neuen einzigartigen Kooperationsmöglichkeiten. Für die User bedeutet dies globalen Zugang zu kulturellen und wissenschaftlichen Inhalten. Für Unternehmen und Institutionen – wenn Sie eng kooperieren – bedeutet es ebenfalls Zugang, nämlich zu Millionen an interessierten, kreativen und offenen Usern bzw. Kunden. Nie zuvor bestand die Möglichkeit einer derart komplexen Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen wie den Bibliotheken und privatwirtschaftlichen Unternehmen wie der Gamesindustrie. Und nie zuvor war die Verwirklichung der Wissensgesellschaft unter Beibehaltung der jeweiligen Interessen der Kooperationspartner so nah wie heute.
Stellt man sich also die Frage, was Bibliotheken und Bibliothekare der Zukunft leisten sollten, ist ein zentraler Punkt sicherlich die Kenntnis dieser Medien und die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten, die in diesen neuen Medien stecken. Definiert man die Aufgabe von Bibliotheken als Mediendienstleister, die der Gesellschaft helfen das neue Überangebot an Informationen und Medien zu ihrem Vorteil zu nutzen und beherrschen zu lernen, dann gehört die permanente Beobachtung neuer Entwicklungen und das Ausprobieren dieser Medien zum zukünftigen Bibliotheksalltag. Bibliotheken werden sich in Zukunft nicht mehr allein über die Wissensbereitstellung definieren können, denn dies bieten inzwischen auch viele andere Anbieter. Die Bibliothek bezieht ihre Daseinberechtigung aus dem Nutzen, den sie der Gesellschaft bringt, die sie bezahlt: Nutzen in Form von Kulturbewahrern, Leseförderern und Dienstleistern in Sachen Medien und Informationshandling. Wobei die zwei letzten Punkte in Zukunft sicher zunehmend bedeutender werden.
Der amerikanische Bibliotheksverband ALA reagiert auf diese neuen Herausforderungen mit einem $1 Mio. schweren Projekt, in dem untersucht wird, welchen Nutzen Computerspiele für das Lernverhalten haben. Auch in Deutschland muss die ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht nur in Hinblick auf Suchtgefahren, sondern auch hinsichtlich der Potentiale stärker werden.
Die Zukunftswerkstatt auf dem Bibliothekartag 2009 möchte Ihnen als Spielwiese dienen, sich diesen Medien spielerisch und mit Unterstützung von kundigen Kollegen zu nähern. Kommen Sie und probieren Sie aus wie man Wikis, Weblogs, RSS, Second Life, cafesonique.com und WII-Playstations bedient und nutzt. Lernen Sie Best-Practice-Lösungen zur Anwendung und Einbindung dieser Medien aus Bibliotheken weltweit kennen. Entwickeln Sie im Gespräch mit Kollegen neue Ideen für die Zukunft der Bibliotheken in Deutschland. Kommen Sie zu unseren weiteren Vorträgen und zur Podiumsdiskussion mit Vertretern der Bibliotheken, der Gamesindustrie und der Kulturwirtschaft. Entspannen Sie bei einer kleinen Runde Tennis an der WII-Station. Oder wie das Motto der Zukunftswerkstatt lautet: die Bibliotheken gehen spielen, spielen Sie mit…
1 Donkor, Charles: Talentkrieg 2.0: Neue Generation der klugen Köpfe in: F.A.Z.net vom 11.07.2008 http://snipurl.com/zw0901 <zuletzt aufgesucht am 01.09.2008>
2 Tapscott, Don; Williams, Anthony D. (2007): Wikinomics. Die Revolution im Netz. München: Hanser, S. 244 ff