Konferenz zu Innovationsmanagement in Bibliotheken
2. Dezember 2010 at 19:27 Christoph Deeg 1 Kommentar
Liebe Leser, Freunde und Unterstützer,
am 19.11.2010 fand in Nürnberg eine eintätige Konferenz zum Thema „Innovationsmanagement in Bibliotheken“ statt. Eher kurzfristig habe ich mich dazu entschieden an dieser Konferenz teilzunehmen. Der Hauptgrund war der, dass unsere beiden Gründungsmitglieder Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm von der FH Potsdam und Dr. Rudolf Mumenthaler von der ETH-Bibliothek ebenfalls anwesend waren. Beide waren als Redner geladen und sprachen auch über unser Gemeinschaftsprojekt den Technologieradar. Über diese Veranstaltung möchte ich kurz berichten. Dabei werde ich nicht alle einzelnen Vorträge beschreiben. Vielmehr möchte ich darüber reden was mir besonders aufgefallen ist.
Gleich zu Beginn (ich kam etwas später und könnte den ersten Vortrag deshalb nicht hören) erlebte ich den Vortrag von Frau Prof. Dr. Kathrin M. Möslein von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie sprach über das Thema Open Innovation und Web 2.0. Es war sehr interessant zu sehen, wie Unternehmen aus verschiedenen Bereichen offene Plattformen und Communitys für die Entwicklung von Innovationen nutzen. Besonders gefallen hat mir der Verweis auf die Gaming-Communitys also die Communitys, in denen sich Gamer bewegen. Hier gibt es einen sehr intensiven Kontakt zwischen den Anbietern von Software und Hardware und den Kunden und diese sind in die Produktentwicklung und Produkttests eingebunden. Diese Communitys bestehen in der Regel aus sehr aktiven und kompetenten Mitgliedern.
Ein weiterer sehr interessanter Vortrag war der von Prof. Dr. Ursula Georgy von der FH Köln. Sie sprach vor allem über die Möglichkeiten, Kunden besser zu verstehen und in Innovationsprozesse einzubinden. Besonders spannend war die Frage, inwieweit z.B. Bibliotheken überhaupt komplett neue Services entwickeln sollten ohne zu wissen, ob auf Seiten der Kunden hierzu ein Bedarf entsteht. Demgegenüber steht m.E. die Frage, ob der Kunde überhaupt weiß, was er wollen könnte. Apple hat miit dem IPad ein Produkt entwickelt für das es scheinbar keinen Bedarf gab. Der Tablet-PC war schon vorher sehr oft von anderen Anbietern angeboten worden – mit nur mäßigem Erfolg. Trotzdem war Apple erfolgreich. Es scheint also noch weitere Faktoren als nur das aktuelle Kundeninteresse zu geben. Inwieweit die vorher erschienenen Produkte hier dazu geführt haben Erfahrungen zu sammeln – wenn auch negative – wäre sicherlich ein interessantes Diskussionsthema.
Ebenfalls sehr interessant war der Vortrag von Dr. Klaus Ceynowa von der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Er präsentierte vor allem die wirklich interessanten von der BSB entwickelten Produkte wie den BSB-Explorer (siehe erstes Video) sowie die IPhone Apps der BSB und weitere spannende Tools. Es war spannend zu sehen, das die BSB eine Vielzahl an innovativen und vor allem erfolgreichen Produkten entwickelt hat. Ob wie Dr. Ceynowa meinte, dies der Beweis dafür ist, dass die europäischen bzw. deutschen Bibliotheken mit den Bibliotheken aus den USA im Bereich Innovationen gleich auf sind, würde ich allerdings bezweifeln. Die BSB und einige weitere Institutionen wie z.B. die ETH-Bibliothek oder die Universitätsbibliotheken in Dresden (SLUB) und Hamburg sind sicherlich spannende Vorbilder – jedoch sind sie m.E. vor allem Leuchtturmprojekte. Die breite Masse der Bibliotheken ist damit meiner Meinung nach nicht vergleichbar. Das heißt jedoch nicht, dass dies nicht erreichbar ist. Auch hier kann man nebenbei sehr viel von der Gamesindustrie lernen.
Das bestimmte Innovationen auf anderem Wege auch ihren Weg in die Wohnzimmer finden können zeigt der BSB-Explorer. Ein vergleichbares Modell wurde von der ETH-Bibliothek entwickelt und ein weiteres ist gerade der Verkaufsschlager für die XBOX360 von Microsoft.
Gesture Space der ETH-Bibliothek:
BSB-Explorer der BSB München:
Microsoft Kinect:
Kathrin Daum von der Universitätsbibliothek der TU München gab dann einen tieferen Einblick in die Arbeit eines Innovationsmanagers einer Bibliothek. Es war sehr interessant zu sehen, wie versucht wird, neue effizientere und zugleich nachhaltige Strukturen zu schaffen. An der Bibliothek der TU München befindet sich der Bereich Innovationsmanagement noch im Aufbau und man konnte sehen, welche Chancen und Stolpersteine existieren. Die Arbeit von Frau Daum schien viel mit dem Aufbau von Strukturen wie z.B. einer internen Wissensplattform zu tun zu haben. Leider wird hier – wie auch in den anderen Bibliotheken über die berichtet wurde – der Kunde nicht in den Prozess der Innovationsentwicklung integriert. Auch das Testen der fertigen Produkte wird nur intern umgesetzt. Hier wird m.E. sehr viel Potential verschenkt. Die Kunden sind gerade bei innovativen Produkten sehr oft kompetente und zugleich kreative Partner.
Daran anschließend ging es beim Vortrag von Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm von der FH Potsdam um unser Projekt den Technologieradar. Prof. Dr. Hobohm – wenige Minuten zuvor zum Vorsitzenden des Projektbeirates des Technologieradars gewählt – sprach zuerst über die Trendforschung und Ihre Bedeutung für Unternehmen. Für sie ergeben sich eine Vielzahl an Mehrwerten durch die Indentifizierung technologischer und sozialer Trends. Für Kultur- und Bildungsinstitutionen gibt es eine solche Plattform erst mit dem Technologieradar. In seiner Präsentation beschrieb Porf. Dr. Hobohm den aktuellen Stand des Projektes und rief alle Anwesenden dazu auf, mitzumachen und die Idee weiter zu tragen.
Der letzte Vortrag schließlich handelte vom Innovationsmanagement der ETH-Bibliothek und wurde vom dortigen Innovationsmanager Dr. Rudolf Mumenthaler gehalten. Dr. Mumenthaler – der ebenfalls Gründungsmitglied der Zukunftswerkstatt und Mitglied des Projektbeirates des Technologieradars ist – versuchte zuerst zu definieren, was für ihn Innovation überhaupt bedeutet. Für ihn können Innovationen auch kleine Verbesserungen vorhandener Produkte/Aktivitäten sein. Auch hier konnte man einen Einblick in den Aufbau eines komplexen Innovationsmanagements bekommen. In diesem Fall beeindruckte mich vor allem die Tatsache, dass der Innovationsmanager zugleich Produktmanager ist und somit auch bei der Entwicklung der angedachten Produkte mitwirkt. Hierfür werden alle möglichen Werkzeuge wie Portfolioanalysen genutzt bzw. wenn nötig sogar weiterentwickelt.
Schließlich wurde Dr. Mumenthaler gefragt, was an all diesen Aktivitäten denn so neu sei. Schließlich würden Unternehmen schon seit langem mit diesen Tools arbeiten. Die Antwort war einfach und deutlich: Jetzt wären diese Arbeits- und Denkweisen in den Bibliotheken angekommen.
Es war auf jeden Fall ein sehr spannender Tag. Ich habe wieder viel lernen und neue Menschen mit ihren Ideen kennenlernen können. Und es freut mich sehr, das wir auch beim Technologieradar weiterkommen konnten.
Innovationsmanagement ist in der Zukunft für alle Kultur- und Bildungsinstitutionen von großer Bedeutung. Der Technologieradar wird sicherlich eine sehr gutes Hilfsmittel sein, um zukünftige Technologien und ihre Bedeutung für die Kultur- und Wissensvermittlung zu erkennen. Wir laden Sie herzlich ein, Teil dieses Projektes zu werden.
Beste Grüße
Christoph Deeg
Entry filed under: Bibliotheken, Technologieradar, Zukunftsvisionen.
1 Kommentar Add your own
Kommentar verfassen
Trackback this post | Subscribe to the comments via RSS Feed
1. Zahl der Woche: 2.500.000 Kinect verkauft « Zukunftswerkstatt Kultur- und Wissensvermittlung e.V. | 10. Dezember 2010 um 14:45
[…] und Bildungsinstitutionen, die ähnliche Systeme entwickelt haben. Hierzu habe ich in meinem letzten Beitrag etwas geschrieben. Durch die massenhafte Verbreitung solcher Bewegungsteuerungen, kann davon […]